Hinweis

1.) Insolvenzordnung
Am 01.01.1999 ist die Insolvenzordnung (InsO) in Kraft getreten. Sie hat die Konkurs- und Vergleichsordnung in den alten Bundesländern und das Gesamtvollstreckungsverfahren in den neuen Bundesländern abgelöst.

2.) Vorläufiger Insolvenzverwalter
Wird bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung ein Insolvenzantrag gestellt, so bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der unter anderem zu prüfen hat, ob ausreichende Vermögensmasse für eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorhanden ist.

3.) Arbeitsverhältnisse
Arbeitsverhältnisse bestehen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zwischen dem Arbeitnehmer und dem insolventen Unternehmen (Insolvenzverwalter) fort (§ 198 InsO).

4.) Kündigung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter
Der vorläufige Insolvenzverwalter ist zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen dann berechtigt, wenn das Insolvenzgericht dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat (§ 22 InsO). Mit dem allgemeinen Verfügungsverbot geht die Arbeitgeberfunktion vom Schuldner auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Dieser ist nunmehr alleine kündigungsbefugt. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat aber - wie der Arbeitgeber bei einer Insolvenzanordnung ohne allgemeines Verfügungsverbot - die allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften zu beachten.

5.) Dreimonatige Kündigungsfrist
Ein Arbeits- oder Dienstverhältnis kann nach Verfahrenseröffnung vom Insolvenzverwalter und vom Arbeitnehmer mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden, wenn nicht eine kürzere Kündigungsfrist maßgeblich ist. Dies gilt ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer (Befristung) oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung (§ 113 Abs. 1 InsO).

6.) Schadensersatz
Kündigt der Insolvenzverwalter, so kann der Arbeitnehmer wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses Schadensersatz verlangen (§ 113 Abs. 1 Satz 3 InsO).

7.) Klagefrist 3 Wochen
Gegen eine Kündigung des Insolvenzverwalters kann generell nur innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist kann der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung auch nicht auf sonstige Unwirksamkeitsgründe (Schwerbehinderteneigenschaft, Betriebsübergang usw.) stützen. Eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung sollte daher sofort dem Rechtsanwalt vorgelegt werden, damit er die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen kann.

8.) Kündigung bei einem Interessenausgleich
Kündigungen sind im Insolvenzverfahren bei Abschluss eines Interessenausgleichs leichter möglich. Kommt zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich zu Stande, in dem die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einer Namensliste aufgeführt sind, so führt dies zu einer Beweislastumkehr. Nunmehr muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass die Kündigung nicht durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, bedingt ist. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer nur noch rügen, dass die Sozialauswahl grob fehlerhaft ist. Auch hierfür trägt er die Darlegungs- und Beweislast (§ 125 InsO).

9.) Lohn- und Gehaltsansprüche
a) Entgeltforderungen aus der Zeit vor Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters:
Wegen dieser Ansprüche sind Arbeitnehmer einfache Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO. Sie müssen ihre Forderung innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist schriftlich unter Angabe von Grund und Betrag beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle anmelden (§§ 28 Abs. 1, 174, 175 InsO).

b) Entgeltforderungen aus der Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens:
Lohnforderungen aus der Zeit nach der Verfahrenseröffnung sind Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 2.Alt. InsO und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat oder von der Arbeitsleistung freigestellt wurde. Die Freistellung hat den Annahmeverzug des Arbeitgebers nach § 615 BGB zur Folge. Beim Arbeitsentgelt handelt es sich um eine Verbindlichkeit aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung für die Zeit nach der Verfahrenseröffnung grundsätzlich erfolgen muss (§ 108 Abs. 1 InsO).

c) Entgeltforderungen aus der Zeit nach Bestellung des vorläufigen Verwalters bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag:
Für die Zwischenzeit kommt es entscheidend darauf an, ob der vorläufige Insolvenzverwalter, auf den die Verfügungsbefugnis übergegangen ist, die Arbeitsleistung in Anspruch genommen hat oder nicht. Hat er die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer nicht in Anspruch genommen und diese freigestellt, so bleiben die Arbeitnehmer einfache Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO. Zieht er dagegen alle oder einzelne Arbeitnehmer zu Arbeitstätigkeiten heran, weil er sie für die Fortführung des Unternehmens benötigt, so handelt es sich bei den Entgeltansprüchen um Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO (vgl. Braun/Nürnberg DB 98, 2217). Diese Ansicht ist allerdings bestritten. Nach anderer Ansicht soll es sich auch bei diesen Lohnansprüchen um einfache Insolvenzforderungen gemäß § 108 Abs. 2 InsO handeln.

10.) Insolvenzgeld (früher Konkursausfallgeld) §§ 183 ff. SGB III
Mit Wirkung zum 01.01.1999 wurden die bisherigen Regelungen zum Konkursausfallgeld durch die neuen Vorschriften der §§ 183 ff. SGB III über das Insolvenzgeld abgelöst.

a) Voraussetzungen des Insolvenzgeldanspruchs
Anspruch auf Insolvenzgeld hat, wer als Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Anspruch auf Arbeitsentgelt hat.

Das Insolvenzereignis ist:

  • die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers,
  • die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse oder
  • die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

Hat der Arbeitnehmer in Unkenntnis des Insolvenzereignisses weitergearbeitet, besteht der Anspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 183 Abs. 2 SGB III).

b) Höhe des Insolvenzgeldes
Das Insolvenzgeld dient dazu, die Ansprüche auf Arbeitsentgelt aus den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses zu sichern, die dem Insolvenzereignis vorausgehen. Deshalb ist es so hoch wie das volle Nettoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für diesen Zeitraum zu beanspruchen hat (§ 185 SGB III).

c) Vorschuss auf Zahlung von Insolvenzgeld
Ebenso wie beim früheren Konkursausfallgeld kann der Arbeitnehmer vor der abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Insolvenzgeld einen angemessenen Vorschuss beantragen. Voraussetzung für die Vorschussgewährung ist, dass der Anspruch auf Insolvenzgeld dem Grunde nach besteht (§ 186 SGB III).
Auch nach der neuen Insolvenzordnung ist es möglich, dass ein Anspruch auf Insolvenzgeld auf einen Dritten (z.B. eine finanzierende Bank) übertragen oder verpfändet wird, um das Insolvenzgeld vorzufinanzieren. Voraussetzung ist nunmehr jedoch, dass das Arbeitsamt der Übertragung oder Verpfändung zugestimmt hat. Die Zustimmung darf vom Arbeitsamt nur erteilt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung des Arbeitsentgelts ein erheblicher Teil der Arbeitsplätze erhalten bleibt (§ 188 SGB III).

d) Sozialversicherungsbeiträge
Neben den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt sichert die Insolvenzsicherung auch die Beitragsansprüche der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung für den Insolvenzzeitraum, d.h. das Arbeitsamt entrichtet entsprechende Sozialversicherungsbeiträge (§ 208 SGB III).

e) Verfahren der Gewährung von Insolvenzgeld
Der Antrag auf Insolvenzgeld ist innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis beim Arbeitsamt zu stellen (§§ 323 Abs. 1 Satz 1, 324 Abs. 3 Satz 1, 327 Abs. 3 SGB III).
Hat der antragstellende Arbeitnehmer die Versäumung der zweimonatigen Ausschlussfrist nicht zu vertreten und stellt er den Antrag auf Insolvenzgeld innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses, so hat er trotzdem einen Anspruch auf Insolvenzgeld (§§ 324 Abs. 3 Satz 2, § 3 SGB III). Mit Stellung des Antrags auf Insolvenzgeld gehen die Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die den Insolvenzgeldanspruch begründen, kraft Gesetzes auf die Bundesanstalt für Arbeit über (§ 187 SGB III). Diese Regelung entspricht dem früheren Recht zum Konkursausfallgeld.