1. Allgemeines
§ 1601 BGB regelt, dass Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, einander unterhaltsverpflichtet sind.
Unterhalt kann nur begehren, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, also bedürftig ist. Das Gesetz geht davon aus, dass grundsätzlich jeder selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen hat. Beim minderjährigen, unverheirateten Kind genügt der Beweis der Vermögenslosigkeit. Ein minderjähriges Kind braucht den Stamm seines Vermögens nicht anzugreifen.
Auf der anderen Seite ist nur unterhaltspflichtig, wer leistungsfähig ist, also dessen eigener angemessener Unterhalt gesichert ist. Der Unterhaltsschuldner muss also über genügend Einkommen oder Vermögen verfügen.

2. Art der Unterhaltsgewährung
Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren (sogenannter Barunterhalt). Daneben gibt es den sogenannten Naturalunterhalt, der bei Zusammenleben der Eltern mit dem oder den minderjährigen Kind(ern) der Normalfall der Unterhaltsgewährung ist. Schließlich kann Unterhalt auch durch Betreuung gewährt werden, sogenannter Betreuungsunterhalt. Bei der Unterscheidung der drei Unterhaltsarten ist eine Differenzierung zwischen den Fällen notwendig, in denen ein Kind in einer intakten Ehe zusammen mit seinen Eltern lebt und den Fällen, in denen die Eltern getrennt leben, geschieden sind oder in denen ihre Ehe aufgehoben wurde.
In § 1612 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass die Eltern einem unverheirateten Kind gegenüber bestimmen können, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt wird. Hiervon wird bei intakten Ehen in aller Regel auszugehen sein. Das Kind wird verpflegt und ernährt, ihm wird Wohnung gewährt und es wird ansonsten voll versorgt. Zusätzlich wird es von dem betreuenden Elternteil gepflegt und erzogen. Bisher war in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelt, dass die Mutter ihre Verpflichtung zum Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes in der Regel durch Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Man hat diese überkommene Regelung durch das ab dem 01.07.1998 geltende Kindesunterhaltsgesetz geändert und modernisiert, es ist jetzt nicht mehr von der Mutter die Rede, vielmehr vom Elternteil, welcher ein minderjähriges und unverheiratetes Kind betreut.
Leben die Eltern getrennt voneinander und das minderjährige Kind bei einem Elternteil, erfüllt dieser seinen Teil an der Unterhaltspflicht in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Der andere Elterteil, der das Kind nicht betreut, kommt seiner Unterhaltsverpflichtung durch Zahlung eines Barbetrages nach. Nur ausnahmsweise ist der betreuende Elternteil auch barunterhaltspflichtig. Barunterhalt und Betreuungsunterhalt sind bei minderjährigen Kindern als gleichwertig anzusehen.
Ab Erreichen der Volljährigkeit des Kindes werden keine Betreuungsleistungen mehr geschuldet, da nach dem Gesetz ein volljähriges Kind nicht mehr betreut werden kann. Beide Eltern sind nun entsprechend ihres Einkommens und ihren Vermögensverhältnissen barunterhaltspflichtig, unabhängig davon, ob sich an den Lebensverhältnissen des Kindes etwas ändert oder nicht, es z.B. die Schule besucht oder eine Berufsausbildung fortsetzt. Die neue gesetzliche Regelung im Kindesunterhaltsgesetz (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB), die bestimmt, dass den minderjährigen und unverheirateten Kindern volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleichstehen, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, ändert nichts daran, dass ein volljähriges Kind nicht mehr zu betreuen ist und beide Elternteile diesem volljährigen Kind barunterhaltspflichtig sind. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich in der Begründung zum Entwurf des Kindesunterhaltsgesetzes zum Ausdruck gebracht.

3. Bestimmungsrecht nach § 1612 BGB
Nach dieser Vorschrift steht den Eltern einem unverheirateten Kind (also sowohl dem minderjährigen als auch dem volljährigen Kind) gegenüber das Recht zu, zu bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus Unterhalt gewährt wird. Hierbei haben die Eltern nach dem neuen Kindschaftsrechtsreformgesetz auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht zu nehmen.
Die Ausübung des Bestimmungsrechts ist nicht möglich, wenn die Eltern eines minderjährigen Kindes getrennt voneinander leben. Dann hat der nicht sorgeberechtigte Elternteil nur dann ein Recht zur Bestimmung des Unterhalts, wenn er das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Hierunter fällt nicht der vorübergehende Aufenthalt, z.B. während der Ferien.
Von dem Bestimmungsrecht kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn der gesamte Bedarf abgedeckt werden soll (Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Taschengeld, etc.).
Bei minderjährigen Kindern steht nur dem Inhaber des Sorgerechts das Bestimmungsrecht zu.
Beim volljährigen Kind kann in der Regel der Elternteil den Unterhalt bestimmen, der vom Kind auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen wird. Wird vom Unterhaltspflichtigen der gesamte Unterhalt angeboten (Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Taschengeld, etc.), sind unterhaltsberechtigte Belange des Kindes nur in Ausnahmefällen beeinträchtigt. Dies z.B. etwa dann, wenn das Kind bisher beim anderen Elternteil gewohnt hat und auch dort wohnen bleiben möchte, weil es dort eine Ausbildung absolviert oder studiert.
Aus besonderen Gründen kann das Gericht gemäß § 1612 Satz 2 BGB die Bestimmung der Eltern ändern; dies geht allerdings nur dann, wenn besondere Gründe vorliegen, die die Unwirksamkeit des Bestimmungsrechts mit sich bringen. Das ist etwa dann der Fall, wenn es auf Grund des Verhaltens der Eltern zu einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses gekommen ist, wenn etwa Gewalttätigkeiten von Seiten der Eltern vorliegen.
Problematisch sind die Fälle der tiefgreifenden Entfremdung zwischen Eltern und Kind und die Auswirkung dieses Umstandes auf das Bestimmungsrecht. Die überwiegende Anzahl der Gerichte geht davon aus, dass eine wirksame Ausübung des Bestimmungsrechts eines Unterhaltsverpflichteten dann nicht vorliegt, wenn eine objektiv feststellbare Entfremdung zwischen Kind und Elternteil vorliegt. Nur dann, wenn das volljährige Kind es geradezu darauf angelegt hat, die Zerrüttung und Entfremdung herbeizuführen, um die Ausübung des Bestimmungsrechtes zu verhindern, erscheint es gerechtfertigt, das Bestimmungsrecht der Eltern in diesem Fall wirksam bleiben zu lassen.
Haben die Eltern allerdings wirksam von ihrem Bestimmungsrecht Gebrauch gemacht und folgt das Kind dieser Entscheidung nicht, kann es keinen Barunterhalt verlangen.

4. Rang der Unterhaltsansprüche
Kann ein Unterhaltspflichtiger mangels ausreichender Leistungsfähigkeit nicht alle Ansprüche berechtigter Personen erfüllen, kommt es für die Frage, welcher Berechtigte welchen Unterhaltsbetrag erhält, auf den Rang der Unterhaltsansprüche an. Der Berechtigte, der einem anderen Rang vorgeht, hat Anspruch auf Deckung seines vollen Bedarfs, nicht nur des Mindestbedarfs.
§ 1609 BGB bestimmt die Reihenfolge der Berechtigten. Danach steht das minderjährige Kind an erster Stelle, wobei das volljährige unverheiratete Kind dem minderjährigen Kind gleichsteht, so lange das volljährige unverheiratete Kind im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet. Eine allgemeine Schulausbildung wird zum Beispiel bei einem Schüler anzunehmen sein, der das Abitur erreichen will. An zweiter Rangstelle stehen der kinderbetreuende Ehegatte und der jetzige bzw. geschiedene Ehegatte, wenn die Ehe von langer Dauer war. Den dritten Rang haben alle Ehegatten, die nicht in Rang zwei fallen. In der vierten Rangstufe stehen die volljährigen Kinder, die entweder verheiratet sind und/oder nicht mehr bei den Eltern oder einem Elternteil leben oder sich nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Differenzierung bei den volljährigen Kindern ist Folge der gesetzlichen Neuregelung. In diese Rangstufe fallen diese Kinder auch, wenn sie behindert sind.
In die fünfte Rangstufe fallen die Enkelkinder, in die sechste die Eltern und in die siebte die weiteren Verwandten aufsteigender Linie. Der im Rang nachgeordnete Unterhaltsberechtigte kommt erst dann zum Zuge, wenn die Ansprüche des vorrangig Berechtigten in vollem Umfange befriedigt sind.

5. Beginn und Ende des Anspruchs
Der Unterhaltsanspruch eines Kindes beginnt mit dessen Geburt und dauert grundsätzlich bis zum Lebensende, wobei die Fälle, in denen ein älteres Kind unterhaltsbedürftig ist und die noch lebenden Eltern des Kindes leistungsfähig sind, sicherlich sehr selten sind. Der Normalfall ist daher der, dass der Unterhaltsanspruch eines Kindes nach einer abgeschlossenen Ausbildung erlischt, da das Kind dann für seinen Lebensunterhalt selbst sorgen kann. Die Unterhaltspflicht erstreckt sich nämlich auf die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Welche Ausbildung zu gewähren ist, bestimmt sich nach der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes. Die Eltern haben grundsätzlich nur eine angemessene Berufsausbildung zu gewähren. Sie sind nicht verpflichtet, Unterhalt zum Zweck des Erlangens eines weiteren oder neuen Ausbildungsplatzes zu zahlen. Die in der Ausbildung befindlichen Kinder haben die Verpflichtung, die Ausbildung ernsthaft zu betreiben und zügig zu durchlaufen. Ein Student hat den für seinen Studiengang maßgeblichen Studienplan einzuhalten. Ein Bummelstudium muss von den Eltern also nicht finanziert werden. Dies bedeutet nicht, dass beim Studium die Mindeststudienzeit maßgeblich ist. Verlangt werden kann aber ein ernsthaft betriebenes Studium an Hand der vorliegenden Lehrpläne. Schließt sich an ein Studium eine Promotion an, besteht in der Regel kein Unterhaltsanspruch. Anhaltspunkte dafür, innerhalb welcher Zeit eine Ausbildung zu beenden ist, bietet regelmäßig die Höchstförderungsdauer nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Einmaliges Nichtbestehen einer Prüfung, auch einer Zwischenprüfung, führt nicht sofort zum Verlust des Unterhaltsanspruchs, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, die für die Ungeeignetheit der gewählten Ausbildung sprechen. Bei zweimaligem Nichtbestehen verbunden mit dem Verlust der Studienberechtigung ist dies allerdings anders. Nur ausnahmsweise kann eine länger dauernde Ausbildung unschädlich sein, dies z.B. dann, wenn die Eltern ihrer Verpflichtung zur Zahlung von vollständigem Unterhalt nicht nachgekommen sind, sodass das Kind Nebentätigkeiten ausüben muss. Das gilt auch dann, wenn Krankheit oder Prüfungsangst Grund für die Verzögerung waren. Man wird bei einem Studium Erprobungsphasen von zwei bis maximal drei Semestern zubilligen können.

6. Dauer
Absolviert ein Kind zunächst keine Ausbildung (weil es z.B. nicht will oder weil es als ungelernte Kraft eine nach eigener Beurteilung attraktivere Arbeitsstelle erhält oder ähnliches), fragt sich, wie lange das Kind von den Eltern Unterhalt zum Zweck der Finanzierung einer Ausbildung verlangen kann. Der Ausbildungsanspruch ist zeitlich nicht unbegrenzt. Allerdings gibt es auch keine absolute Altersgrenze. Das OLG Stuttgart hat bei einer zeitlichen Verzögerung zwischen Schulabschluss und Studium von 5 Jahren keinen Grund gesehen, einen Unterhaltsanspruch für eine dann beginnende Ausbildung zu verneinen. Es müssen allerdings nachvollziehbare Gründe im bisherigen Ausbildungsgang des Kindes vorliegen, um dann noch einen Unterhaltsanspruch zu bejahen.
Hat das Kind nach Beginn der Beendigung einer Ausbildung den Wunsch, eine andere oder zweite Ausbildung zu beginnen und begehrt es für diese Zeit der Ausbildung auch Unterhalt, besteht ein solcher Anspruch nur ausnahmsweise. Wurde nämlich eine angemessene Berufsausbildung gewährt, haben die Eltern ihre Verpflichtung grundsätzlich erfüllt. Sie sind nicht verpflichtet, weiteren Unterhalt zu zahlen. Es gibt aber folgende Ausnahmen von dieser Grundregel dann, wenn

  • der Beruf aus gesundheitlichen Gründen oder aus sonstigen nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann,das Kind in die falsche Ausbildung gedrängt wurde,
  • die Ausbildung nur auf Bitten der Eltern abgeschlossen wurde,
  • die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhte,
  • die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg zu sehen ist.

Dabei hat der BGH differenziert zwischen den sogenannten Abitur-/Lehre-/Studiumfällen und den Fällen, in denen der mittleren Reife eine Lehre, dann die Fachoberschule und dann anschließend die Fachhochschule folgte.
Der BGH geht davon aus, dass Eltern von Abiturienten grundsätzlich auch mit einer Hochschulausbildung des Kindes rechnen müssen. Bei einem Kind, das den Haupt- oder Realschulabschluss erreicht habe, sei dagegen nicht vorauszusehen, und auch nicht davon auszugehen, dass nach einer praktischen Ausbildung eine weiterführende Schule oder ein Studium folge. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass jemand, der Abitur und eine Lehre macht und sich erst dann zu einem Studium entschließt, grundsätzlich Unterhalt verlangen kann, während ein Absolvent einer Haupt- oder Realschule nach einer Lehre ein Fachoberschul- oder Fachhochschulstudium nicht mehr finanziert bekommt.
Es muss allerdings ein enger sachlicher Zusammenhang bestehen. Dies ist z.B. bei einer Banklehre und einem anschließenden Jurastudium bejaht worden.

7. Erwerbslosigkeit des Kindes
Grundsätzlich besteht für minderjährige und volljährige Kinder keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, solange sie sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden. Erzielen sie gleichwohl etwa während der Ferien Einkünfte aus Ferienjobs oder Einkünfte aus Nebentätigkeiten, müssen sich die Kinder die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nicht auf den Unterhaltsanspruch anrechnen lassen, da es sich um Einkünfte aus einer unzumutbaren Tätigkeit handelt. Nur ausnahmsweise müssen solche Erwerbseinkünfte angerechnet werden, wenn es sich nicht nur um geringfügige oder gelegentliche Einkünfte handelt und diese so hoch sind, dass sie z.B. beim Schüler deutlich über ein großzügig bemessenes Taschengeld hinausgehen.
Geht ein minderjähriges oder volljähriges Kind nicht mehr zur Schule und/oder lässt es sich auch nicht zu einem Beruf ausbilden, ist es grundsätzlich nicht unterhaltsbedürftig. Es kann dann nämlich (bei minderjährigem Kind mit Einschränkung des Jugendarbeitsschutzgesetzes) darauf verwiesen werden, dass es den eigenen Unterhalt durch Erwerbstätigkeit deckt. Zwischen Beendigung der Schulausbildung und Aufnahme der weiteren Ausbildung (Lehre oder Studium) sind dem Kind ca. drei Monate zuzubilligen, innerhalb derer eine Erwerbsverpflichtung nicht besteht, gleichwohl ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden kann. Danach muss das Kind für seinen eigenen Lebensunterhalt sorgen, wobei auch einfache Tätigkeiten zumutbar sind.
Angerechnet sind aber immer Einkünfte, die ein Kind aus Vermögen erzielt (etwa Mieteinkünfte oder Zinseinkünfte).
Sozialhilfe und Unterhaltsvorschuss mindern die Bedürftigkeit des Kindes nicht. Sie sind dem Unterhaltsanspruch nachrangig.
Das BAföG dagegen ist als Einkommen anzurechnen, auch dann, wenn es darlehensweise gewährt wird.
Arbeitslosengeld und Wohngeld sind gegebenenfalls anzurechnen.

8. Gesteigerte Unterhaltsverpflichtung
Minderjährigen und nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten volljährigen Kindern gegenüber sind die Eltern grundsätzlich verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zum Eigenunterhalt der Kinder zu verwenden. Die Eltern trifft eine gesteigerte Unterhaltsverpflichtung. Es muss zumindest der Mindestunterhalt sichergestellt werden. Notfalls müssen auch Überstunden geleistet oder Nebentätigkeiten aufgenommen werden. Es sind auch berufsfremde oder unterqualifizierte Tätigkeiten zuzumuten. Erzielt der Unterhaltspflichtige nicht das Einkommen, das den Mindestunterhalt sicherstellt, so ist er so zu stellen, als ob er die leistungsmindernden Handlungen nicht vorgenommen hätte. Es ist ihm dann das Einkommen anzurechnen, welches er gehabt hätte, wenn er sich richtig verhalten hätte.
Gesteigerte Obliegenheit besteht aber nur gegenüber minderjährigen und im Sinne des § 1603 Abs. 2 privilegierten volljährigen Kindern. Liegt diese Privilegierung nicht vor, befindet sich also das volljährige Kind nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung und lebt auch nicht bei einem Elternteil, so gelten die vorgenannten Grundsätze nicht. Der Unterhaltspflichtige braucht keine überobligationspflichtigen Erwerbsbemühungen zu unternehmen und kann sich zudem auf einen angemessenen Selbstbehalt in Höhe von € 1.150,00 berufen. Gegenüber minderjährigen Kindern beträgt der notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen  € 950,00 bei Erwerbstätigkeit,  € 770,00 bei Nicht-Erwerbstätigkeit.

9. Zusammenfassung der Besonderheiten beim Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes
a.) Das privilegierte volljährige Kind
Gegenüber diesen privilegierten Kindern im Sinne der vorgenannten Vorschrift bestehen die gleichen Erwerbsverpflichtungen und Grundsätze wie bei minderjährigen Kindern. Bei anderen volljährigen Kindern ist dies nicht der Fall. Dies bedeutet, dass den Eltern der angemessene große Selbstbehalt verbleibt. Es wird bei nicht privilegierten volljährigen Kindern auch keine Nebentätigkeit neben einer Vollschichtigkeit verlangt.
Einem volljährigen Kind wird kein Betreuungsunterhalt mehr geschuldet. Beide Eltern sind, soweit Leistungsfähigkeit gegeben ist, barunterhaltspflichtig. Hieran ändert auch die Gleichstellung von minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB nichts.
Das volljährige Kind trifft die Verpflichtung, eine Ausbildung zügig und zielstrebig durchzuführen und zu beenden. Es muss dann, wenn es sich in keiner Ausbildung mehr befindet, weil es diese abgebrochen oder beendet hat, jede Art von Tätigkeit, auch Hilfstätigkeit, aufnehmen.
Für die Arbeitsplatzsuche nach Beendigung einer Ausbildung oder für die Zeit zwischen Beendigung der Schulausbildung und Lehre oder Studium ist einem volljährigen Kind längstens eine Orientierungsphase von ca. drei Monaten zuzubilligen. Ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt eines minderjährigen Kindes regelt, gilt nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes weiter. Es sei denn, er sei von vorneherein zeitlich beschränkt worden.
Die Vollendung des 18. Lebensjahres hat Auswirkungen auf die Unterhaltsberechnung ab dem 1. des Monats, in dem das 18. Lebensjahr beendet ist. Es kommt nicht auf den konkreten Geburtstag an. Dies wird aus § 1612 Abs. 3 Satz 2 BGB hergeleitet.
Bei der Berechnung des Volljährigenunterhalts ist das Kindergeld hälftig aufzuteilen. Während bis zum 01.07.1998 die Frage, wie das Kindergeld zwischen den Eltern aufzuteilen ist, nicht gesetzlich geregelt war, wurde durch das Kindesunterhaltsgesetz jetzt in § 1612 b BGB eine gesetzliche Regelung eingeführt, die allerdings der bisherigen Rechtsprechung folgt. Nach dieser Vorschrift ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Hälfte anzurechnen. Der Gesetzgeber hat dabei ganz bewusst und ausdrücklich formuliert: "das auf das Kind entfallende Kindergeld". Er will nämlich bei mehreren gemeinschaftlichen Kindern nicht mehr so verfahren wie früher, wonach das insgesamt für alle Kinder gezahlte Kindergeld zusammengerechnet und durch die Anzahl der gemeinschaftlichen Kinder geteilt und der sich so für jedes Kind ergebende gleiche Betrag zwischen den Eltern anteilig aufgeteilt wurde. Gewollt ist mit der gesetzlichen Neuregelung vielmehr, dass das konkret für das einzelne Kind gezahlte Kindergeld aufgeteilt wird.
Es war lange umstritten, wie beim volljährigen Kind das staatliche Kindergeld anzurechnen ist. Das Kindergeld ist so wie eine nach Abzug berufsbedingten Mehrbedarfs erzielte Ausbildungsvergütung in voller Höhe bedarfsmindernd beim Volljährigen anzurechnen. Dies hat der BGH durch Urteil vom 26.10.2005 entschieden. Damit ist der rechtliche Streit darüber beendet, wie das Kindergeld zu verrechnen ist, wenn nur ein Elternteil dem volljährigen Kind Unterhalt leistet. Nach bisheriger Rechtsprechung war es so, dass auch in diesen Fällen nur eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vorgenommen wurde.
Nach der neuen BGH-Rechtsprechung ist es so, dass in dem Fall, in dem nur einer der beiden Elternteile leistungsfähig ist und Barunterhalt leistet, das Kindergeld nicht mehr hälftig geteilt wird. Das Kindergeld ist vielmehr bei volljährigen Kindern wie eigenes Einkommen der Kinder zu behandeln.

b.) Lebensbedarf und Bedarfsbemessung
Wie bei minderjährigen Kindern umfasst auch der Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes den gesamten Lebensbedarf (Kosten für Wohnung, Verpflegung, Kleidung, Taschengeld, Ausbildung etc.). Dabei wird der Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet. Für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und bei einem Elternteil leben, berechnet er sich nach der vierten Altersgruppe. Für Studierende, die nicht bei einem Elternteil wohnen, beträgt er in der Regel € 670,00.
Lebt das volljährige Kind in einem eigenen Haushalt, ohne zu studieren (ist also noch Schüler oder befindet sich in einer Ausbildung) ist auch der Betrag von €  670,00 in der Regel der angemessene Unterhaltsbetrag.
Die Meinungen gehen allerdings auseinander bei der Frage, in welchem Umfang eine mögliche Ausbildungsvergütung auf den Unterhalt anzurechnen ist. Berufsbedingte Aufwendungen können vorab abgezogen werden. Nach den Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle wird dem Kind, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ein Betrag in Höhe von € 90,00 für ausbildungsbedingte Mehraufwendungen zugestanden. Teilweise wird dies auch bei einem Kind mit eigenem Haushalt so gehandhabt.

c.) Haftungsverteilung
Beide Eltern sind dem Kind gegenüber barunterhaltspflichtig, unabhängig davon, ob das volljährige Kind bei einem Elternteil im Haushalt wohnt und tatsächlich noch von diesem betreut wird. Dies gilt auch für privilegierte volljährige Kinder. Ist nur ein Elternteil leistungsfähig, trägt dieser die volle Unterhaltslast. Erbringt der nicht leistungsfähige Elternteil Betreuungsleistungen, indem er dem Kind z.B. ein Zimmer zur Verfügung stellt, die Wäsche wäscht und ähnliches mehr, reduziert sich hierdurch nicht der vom Barunterhaltspflichtigen zu zahlende Unterhaltsbetrag.
Verfügt das volljährige Kind über eigene Einkünfte und ist nur ein Elternteil leistungsfähig, so ist der anrechenbare Betrag der Vergütung nicht in vollem Umfange vom Barunterhalt abzuziehen. Erbringt der andere nicht leistungsfähige Elternteil noch Betreuungsleistungen, die sich in der Regel auf die Wohnungsgewährung und Haushaltstätigkeiten beschränken werden, ist die Ausbildungsvergütung entsprechend dem Geldwert dieser Betreuungsleistung auch auf den Betreuungsunterhalt anzurechnen.
Es gibt allerdings keine Gleichwertigkeit mehr zwischen Betreuungs- und Barunterhalt, sodass die Ausbildungsvergütung mit einer Quote von 2/5 zu 3/5 zu Gunsten des Barunterhaltspflichtigen (so jedenfalls OLG Düsseldorf FamRZ 1997, Seite 1106) zu berücksichtigen ist.
Bei der Berechnung des Anteils eines jeden Elternteils an dem zu leistenden Barunterhalt ist zunächst das anrechenbare Einkommen der Eltern zu ermitteln. Ist nur ein Elternteil leistungsfähig, da nur er über Einkünfte verfügt, die höher als der angemessene Selbstbehalt von € 1.150,00 sind, muss er alleine für den Barunterhalt aufkommen. Sind beide Elternteile leistungsfähig, ist zunächst entsprechend den oben gemachten Ausführungen die Höhe des Unterhaltsanspruchs zu berechnen. Hierbei ist das anrechenbare Nettoeinkommen beider Eltern zu ermitteln, um den Unterhaltsanspruch überhaupt berechnen zu können. Für die Aufteilung des dem Kind zustehenden Unterhalts zwischen den Eltern kommt es dann auf das anrechenbare Nettoeinkommen an. Zunächst werden von diesem jeweils € 1.150,00 angemessener Selbstbehalt in Abzug gebracht. Der Unterhaltsanspruch errechnet sich dann wie folgt:
Der Restbedarf dieses Kindes (nach Abzug etwa erzielten Eigeneinkommens und Berücksichtigung berufsbedingter Kosten sowie nach Abzug des Kindergelds) wird mit dem nach obiger Berechnungsweise ermittelten Einkommen eines jeden Elternteils multipliziert und sodann durch die Summe der Einkünfte beider Elternteile geteilt. Beträgt also z.B. der Bedarf eines studierenden Kindes € 670,00 und hat der Vater ein Einkommen von € 2.400,00 und die Mutter ein solches von € 1.400,00 ergibt sich unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts bei jedem Elternteil ein verbleibendes Einkommen von € 1.250,00 beim Vater und € 250,00 bei der Mutter. Das Kindergeld wird in Höhe von € 184,00 bedarfsdeckend angesetzt, sodass bei dem Kind, wenn es keine weiteren Einkünfte hat, € 486,00 offener Bedarf bestehen. Es ergeben sich dann folgende Unterhaltszahlungen:
Die Mutter muss € 81,00 zahlen (= € 486,00 x  € 250,00 : € 1.500,00 ), der Vater € 405,00(= € 486,00 x  € 1.250,00 : € 1.500,00).

d.) Rang der Unterhaltsansprüche
Einen erheblichen Einfluss auf die Unterhaltsansprüche eines volljährigen Kindes kann die Unterhaltsberechtigung anderer Personen haben, und zwar dann, wenn diese anderen Personen dem volljährigen Kind gegenüber vorrangig sind. Vorrangig sind die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder und die Unterhaltsansprüche des früheren bzw. jetzigen Ehegatten des Unterhaltspflichtigen. So hat das volljährige Kind erst dann einen Unterhaltsanspruch, wenn der Anspruch des vorrangig Berechtigten vollständig befriedigt ist. Dieser Nachrang gilt auch für das körperlich und geistig behinderte volljährige Kind.
Entscheidend sind alleine das Alter des Kindes und die Frage, ob es privilegiert ist im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB.

e.) Verwirkung der Unterhaltsansprüche
Nach § 1611 BGB kann der Unterhaltsanspruch eines volljährigen Kindes ganz oder teilweise entfallen. Hierbei ist nicht zwischen den volljährigen Kindern, die nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind und anderen Kindern zu unterscheiden.
Es muss eine der drei nachstehend aufgeführten Tatbestandsvarianten verwirklicht worden sein:
Entweder muss das Kind durch sittliches Verschulden bedürftig geworden sein oder es muss seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem jetzt Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt haben oder es muss sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegenüber den Unterhaltspflichtigen oder einem nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht haben. Rechtsfolge ist dann, dass der Unterhaltspflichtige nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten hat, der der Billigkeit entspricht. Es kann aber auch die Unterhaltsverpflichtung ganz entfallen.
Bei allen drei Fallvarianten sind alle Umstände umfassend abzuwägen. Es ist auch das eigene Verhalten des unterhaltspflichtigen Elternteils zu berücksichtigen.
Die Ablehnung der Kontaktaufnahme durch das Kind führt nach Auffassung des BGH nicht dazu, von einer vorsätzlichen schweren Verfehlung auszugehen.

Stand 30.11.2011