Nach dem Urteil des BAG ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren, um die Voraussetzungen für einen automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen zum Jahresende oder spätestens zum 31. März des Folgejahres zu schaffen. Der Verfall von Urlaub kann allerdings in der Regel nur dann eintreten, "wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt."

Nach den Vorstellungen des BAG soll jeder Arbeitnehmer "konkret aufgefordert" werden, den Urlaub zu nehmen. Ob indes eine individuelle Ansprache jedes einzelnen Arbeitnehmers zu erfolgen hat oder auch eine einheitliche Aufforderung – etwa durch Rundmail oder einen Hinweis auf dem "Schwarzen Brett" – erfolgen kann, ließ das Gericht offen. Um sicherzugehen, sollte jeder Arbeitnehmer einzeln unter Mitteilung des jeweiligen Resturlaubsanspruches aufgefordert werden, den Urlaub zu nehmen.

Nicht abschließend geklärt ist derzeit, welche Folgen das Urteil für nicht genommene und vermeintlich verfallene Urlaubsansprüche aus den Vorjahren hat. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln inzwischen entschieden:

Der Kläger war in der Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.03.2017 als Bote bei dem beklagten Apotheker beschäftigt. Urlaub war weder beantragt noch gewährt worden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger einen finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub eingeklagt. Das Arbeitsgericht hat seine Klage auf Urlaubsabgeltung abgewiesen.

Das LAG Köln, Urteil vom 09.04.2019 - 4 Sa 242/18- gab der Berufung des Klägers statt und urteilte, dass nicht nur der Urlaub für das laufende Kalenderjahr, sondern auch der Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren 2014, 2015 und 2016 abzugelten sei. Der Apotheker habe den Arbeitnehmer nicht konkret aufgefordert, den Urlaub zu nehmen.